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Zoe reloaded

 

Bis das Tesla Model 3 kam, war die Renault Zoe (ja, Kenner sagen DIE Zoe) das meistverkaufte E-Auto in Deutschland. Zuerst mit 22 kWh Akku, dann mit 40 kWh und mittlerweile nicht nur mit 50 kWh, sondern auch einer ganzen Reihe technischer Veränderungen, auch wenn die Form gleichgeblieben ist – äußerlich erkennbar sind vor allem die neuen LED-Scheinwerfer. Ich habe für ein paar Tage ausprobiert, was die Neuauflage des Elektro-Klassikers taugt.

 

 

 

Reichweite

Die Realreichweite lag im Gesamtschnitt unseres Tests bei 255 Kilometern (milde Temperaturen, ausgewogener Mix aus Stadt, Autobahn und Landstraße, inklusive Fahrspaß auf der Serpentinenstraße am Walchensee). Mit leichterem Gasfuß sollten 300 Kilometern möglich sein und bei permanent Vollgas schmilzt der Aktionsradius auf 150 Kilometer zusammen. Damit ist die Reichweite einen Tacken besser als beim 40 kWh Akku – aber auch nicht überragend viel und ziemlich ähnlich zum Corsa-e (der allerdings bei höheren Geschwindigkeiten etwas besser abschneidet).

 

Viele kleine, clevere Verbesserungen

Renault hat sich beim Facelift der Zoe einige Kritik zu Herzen genommen: Im Kofferraum gibt es jetzt endlich ab Werk ein klappbare Unterbodenabdeckung zur Verstauung von Kabeln oder anderem Kleinzeugs (früher mussten versierte ZoePionierinnen den selbst zusammendübeln).

 

Außerdem ist ein B-Modus an Bord (B für „brake“), der die Rekuperation stärker auf das Gaspedal und weg vom Bremspedal legt, sodass das aus vielen anderen Fahrzeugen bekannte Onepedaldrive möglich wird. Ein Feature, dass man in jedem anderen Verbrenner sofort vermisst. Passend dazu gibt es nun endlich eine elektrische Handbremse und keinen antiken Hebel mehr, damit ist nun auch eine Auto-Hold-Funktion möglich und man muss bei langen Rotphasen an der Ampel nicht mehr permanent auf der Bremse stehen.

 

Auch das neue Entertainmentsystem läuft deutlich schneller als das alte R-Link und hat auch endlich Apple Carplay/ Android Auto an Bord. Das optionale Bose-Soundsystem ist leider wie schon beim Vorfacelift-Modell zu gut für das Auto: Bei zu viel Bass wackelt das Auto an allen Ecken und Enden.

 

Nice to have ist der Spurhalteassistent: Er führt das Auto leider nicht aktiv in der Mitte, sondern „eiert“ von Rand zu Rand – als Sicherheitsfeature ist er dennoch nützlich.

 

CCS: mickrige Ladeleistung, dennoch sinnvoll

Die 45 kW Gleichstromladeleistung (laut Katalog bis zu 50 kW Peak) sind zwar kein Killerfeature, eine 80%-Ladung dauert so immer noch quälend lange 70 Minuten – so lange will wohl kaum jemand auf längeren Strecken pausieren. Allerdings sind die gut 1.000 € Aufpreis für die CCS-Dose dennoch eine gute Investition, denn sie machen die vielen CCS-only Ladestationen, die gar keinen Typ-2 Anschluss mehr haben, endlich auch für die Zoe nutzbar. Die Geschwindigkeit ist nicht berauschend, aber als Notnagel, bevor man liegen bleibt, ist das dann doch sinnvoll.

 

Fazit: Zoe oder Corsa-e?

Zwar ist der Opel in den meisten Ausstattungsvarianten ca. 3.000 € billiger als der Renault (19.000 € vs. 22.000 € in der billigsten Variante, inkl. Förderung), sodass der Corsa oft die bessere Wahl sein dürfte. Allerdings gibt es auch gute Gründe, sich für die Zoe unterscheiden. Der wichtigste (der vermutlich auch gerade deutlich in den Zulassungszahlen zu sehen ist) dürfte die Wartezeit sein: Auf einen Corsa-e wartet man bis zu 10 Monate – die Zoe steht bereits nach acht Wochen vor der heimischen Garage.

 

Daneben sprechen aber noch einige Dinge am Auto selbst für den Renault:

1.       Höhere Sitzposition: Ohne ein SUV zu sein, bietet die Zoe doch einen besseren Einstieg als der Corsa-e.

2.       AC-Ladung: An einer 22 kW Typ-2 Ladestation, wie es sie zu tausenden an den Straßenrändern deutscher Städte gibt, ist die kleine Französin in zweieinhalb Stunden von null auf 100 % geladen – der Corsa braucht mit aufpreispflichtigen 11 kW mindestens doppelt so lang und von den serienmäßigen 7,4 kW einphasig fangen wir hier besser gar nicht an. Wer also vor allem AC lädt und das halbwegs flott tun möchte, ist bei der Zoe besser aufgehoben.

3.       Das größere Kofferraumvolumen: 338 vs. 267 Liter sind ein ordentlicher Unterschied, wenn es um den Wocheneinkauf geht.

 

An dieser Stelle muss aber auch erwähnt werden, dass der Corsa-e wiederum beim DC-Laden die Nase vorne hat (100 kW Peakleistung und bis zu einem Ladestand von 50 % hält er immerhin noch 80 kW, dadurch dauert eine 80%-Ladung nur 30 Minuten) und sich deutlich sportlicher fährt (die Motorleistung ist mit 100 kW zwar gleich, aber der Opel bringt die einfach gefühlt stärker auf die Straße und hat ein besseres Fahrwerk).

 

Ich sehe die Renault Zoe vor allem als Zweitwagen für Familien, der viel in der Stadt unterwegs ist, der vielleicht nur AC geladen wird und in dem regelmäßig Wocheneinkäufe verstaut werden müssen. Langstrecken sind zwar möglich, aber mit dem lahmen DC-Lader kein Spaß.

 

Der Opel Corsa-e hingegen ist erstwagentauglich, weil man mit 100 kW (respektive 80 kW) DC-Ladeleistung auch mal gut auf Langstrecke gehen kann (wenngleich ich richtigen Kilometerfressern dann doch eher zum Tesla Model 3 raten würde). Allen, die mehr über den Corsa-e wissen wollen, sei mein Testbericht bei emobly empfohlen – die Einschätzung „Zoekiller“ würde ich wohl mit Blick auf die Verkaufszahlen nicht mehr wiederholen ;-)

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