1. Es fühlt sich an, wie der erste Besuch in einem Club nach der Pandemie. 10 Minuten Freude, Aufregung, Neugier. Und sobald der Reiz des Neuen
verfliegt, fragt man sich, was man eigentlich hier macht. Denn einen wirklichen Mehrwert habe ich hier noch nicht gesehen. Twitter war mal wirklich gute Information: Egal ob weltbewegende
Breaking News oder Longreads rund um wirklich jedes noch so nischige Thema, da war echt viel gutes Zeug. So ein Mehrwert fehlt mir bei Threads auf den ersten Blick.
2. Ich bin zwiegespalten bezüglich der Übernahme der Followerbasis von Instagram. Einerseits natürlich sinnvolle Überlegung, nicht auf der grünen Wiese anzufangen, sondern gleich eine riesige
Nutzerschaft quasi zu implantieren, löst das Henne-Ei-Problem.
Andererseits: Der Reiz eines jeden neuen Netzwerks ist ja, dass ALLE bei null starten. Dann probieren alle fröhlich aus und es wachsen die Accounts, die das neue Netzwerk am besten verstehen.
Jetzt ist genau das Gegenteil der Fall. Diejenigen, die dank der Übernahme der Insta-Accounts jetzt auf Threads die meisten Follower haben, sind oft solche User, die entweder nie auf Twitter
waren oder seit jeher dort nur Links zu ihren Reels gepostet haben. Menschen, deren Inhalte schlicht nicht auf Text ausgelegt sind. Und die, glaube ich, auch primär Follower haben, die gar keinen
Text wollen, sondern eben Bilder und Videos.
3. Man merkt, dass viele Firmen sich jetzt auf Threads ausleben. Das ist einerseits cool. Viele von denen haben echt coole Inhalte und hervorragende Teams, die das Internet einigermaßen
verstanden haben. Andererseits ist mir diese "Firmenbubble" (aktuell) deutlich zu dominant dort. Twitter hat mal davon gelebt, dass dort vor allem tolle Menschen miteinander interagiert haben,
bevor das Bot-Theater losging. Auf Threads ist gerade "BroSieben" mit "Witzen" über die Deutsche Bahn "viral" - darauf hat die Welt sicher gewartet.
4. Eine gewisse Doppelmoral verwundert mich sehr: Die gleichen Leute, die Musk (vollkommen zurecht) nicht über den Weg trauen, rennen jetzt fröhlich zu noch einem Zuckerberg-Medium und reden sich
ein, dass da alles besser wird. Weniger Pöbelei und Fakenews. Ja klar. Wir wissen ja schon von Facebook, dass Zuckerberg konsequent dagegen vorgeht, gell?
5. Last but not least empfehle ich den Blick in die Statistiken aus den USA: Da ist der Hype schon wieder durch. Und so wird es hier auch werden. Also geht die Suche nach einem Twitter-Nachfolger
weiter. Ich bin mir sicher: Es gibt eine Nachfrage für Microblogging. Nur, ob es irgendwer schaffen wird, einen mit dem pre-Musk Twitter vergleichbaren Dienst aufzustellen - daran habe ich nach
Mastodon, Bluesky (hab noch 5 Invite Codes lol) und Threads ehrliche Zweifel.
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